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AutorenbildSévérine Hofmann

Die Schattenseiten weihnachtlicher Düfte: Zimt, Anis- und Nelkenöle im kritischen Fokus der Aromatherapie

Aktualisiert: 15. Dez.

Die ätherischen Öle von Zimt und Nelke gehören zu den wirkungsvolleren Substanzen in der Aromatherapie. Ihre Anwendung erfordert fundiertes Wissen, denn sie enthalten hochkonzentrierte Inhaltsstoffe, die nicht nur therapeutische Wirkungen entfalten, sondern auch potenziell schädlich sein können. Während professionelle Aromatherapeuten diese Öle nur sehr gezielt, niedrig dosiert und für kurze Zeit einsetzen, finden sie in der Weihnachtszeit oft eine unbedachte Verwendung.


Ob in Duftlampen, bei Bastelprojekten mit Kindern, in Lebensmitteln oder in Form einer intensiven Dauerbeduftung auf Weihnachtsmärkten und in Geschäften – Zimt, Anis- und Nelkenöle sind in der kalten Jahreszeit allgegenwärtig. Diese verbreitete Nutzung steht häufig im Kontrast zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen über ihre Wirkung. Bei Überdosierung oder unsachgemässer Anwendung können die Inhaltsstoffe dieser Öle reizend, sensibilisierend oder sogar toxisch wirken.


Ein Beispiel für die Wirkung unseres Körpers auf diese Substanzen ist das Phänomen der Übelkeit oder Übersättigung nach einem Übermass an Zimt- oder Nelkenaromen. Diese Reaktion ist eine natürliche Schutzfunktion, die uns signalisiert, dass wir zu viele der enthaltenen Wirkstoffe aufgenommen haben.


In diesem Beitrag wird die chemische Zusammensetzung und die pharmakologischen Eigenschaften von Zimt, Anis- und Nelkenölen beleuchtet.


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Zimt

Zimtöle gehören zu den vielseitigsten und gleichzeitig anspruchsvollsten ätherischen Ölen. Dabei wird zwischen zwei Hauptursprungsmaterialien unterschieden: den Blättern und der Rinde des Zimtbaums. Von den mehreren Hundert existierenden Zimtbaumarten werden jedoch nur etwa fünf gezielt zur Gewinnung ätherischer Öle genutzt. Ein entscheidender Unterschied liegt in der chemischen Zusammensetzung und der ökologischen Bilanz der Öle. Zimtblattöl gilt als die mildere und nachhaltigere Variante. Es besteht zu 80–90 % aus Eugenol, einem Inhaltsstoff mit entzündungshemmenden und leicht betäubenden Eigenschaften. Im Gegensatz dazu enthält Zimtrindenöl eine Kombination aus 55–75 % Zimtaldehyd und bis zu 10 % Eugenol. Diese Zusammensetzung verleiht dem Zimtrindenöl eine deutlich stärkere Wirkung, erhöht jedoch auch das Potenzial für Hautreizungen und allergische Reaktionen. Die Unterschiede in den Inhaltsstoffen beeinflussen nicht nur die therapeutische Anwendung, sondern auch die Sicherheitsaspekte und Einsatzmöglichkeiten. Während Zimtblattöl in niedrig dosierten Mischungen schonender wirkt, ist Zimtrindenöl aufgrund seines hohen Zimtaldehyd-Gehalts irritierender und sollte mit besonderer Vorsicht verwendet werden. (Werner & von Braunschweig, 2020)


Nelke

Der Gewürznelkenbaum (Syzygium aromaticum) ist eine vielseitige Pflanze, da alle seine Teile ätherische Öle liefern können. Für therapeutische Zwecke ist jedoch das Öl aus den getrockneten Blütenknospen – den Gewürznelken – von besonderer Bedeutung. Diese Knospen werden nicht nur in der Aromatherapie, sondern auch traditionell als Gewürz in der Küche geschätzt. Das ätherische Gewürznelkenöl wird durch Wasserdampfdestillation der Blütenknospen gewonnen und besteht aus 75- 84 % Eugenol. (Werner & von Braunschweig, 2020), (Stadelmann et al., 2023)


Anis

Das ätherische Öl des Anis wird durch Wasserdampfdestillation der Samen gewonnen. Der Hauptinhaltsstoff ist bis zu 95 % Anethol (Ähter). Anethol wirkt krampflösend und hat eine östrogenähnliche Wirkung. Aus diesem Grund sollte auf die Anwendung bei östrogenabhängigen Kanzerosen und Endometriose gänzlich verzichtet werden. Ebenso sollte es nicht bei Babys und Kindern sowie bei schwangeren Personen angewendet werden. (Ursula Blaser- Rösti & Schulthess, 2015)


Phenylpropane

Eugenol, Anethol und Zimtaldehyd gehören zur chemischen Gruppe der Phenylpropane, die als Nebenprodukte des Aminosäurestoffwechsels entstehen. Diese Substanzen zeigen eine Wirkung, die mit der von Monoterpen-Phenolen vergleichbar ist – einer weiteren Stoffgruppe, die besondere Vorsicht erfordert.

Phenylpropane wirken stimulierend und besitzen nachweislich stark antiinfektiöse Eigenschaften, wie durch empirische Studien belegt wurde. In der Geburtshilfe werden sie mitunter zur Einleitung von Wehen eingesetzt. Gleichzeitig erhöhen sie den Blutdruck sowie die Körpertemperatur und können bei empfindlichen Personen bereits in geringen Mengen allergische Reaktionen hervorrufen. Zudem wirken sie stark sensibilisierend, was ihre Anwendung weiter einschränkt. (Ursula Blaser- Rösti & Schulthess, 2015)


Aufgrund dieser potenziellen toxischen Nebenwirkungen sollten vulnerable Personengruppen wie Kinder, Schwangere und ältere Menschen besonders geschützt und der Kontakt mit Phenylpropen-haltigen ätherischen Ölen auf ein Minimum reduziert werden. Verantwortungsbewusste Anwendung und fundiertes Fachwissen sind hier unerlässlich.


Bei oraler Einnahme von Phenylpropanen wie Eugenol und Zimtaldehyd über einen längeren Zeitraum kann eine hepatotoxische Wirkung auftreten. Das bedeutet, dass diese Substanzen die Leber schädigen können. (Werner & von Braunschweig, 2020)


Sollte die Verwendung dieser Öle trotzdem in Erwägung gezogen werden, ist auf folgende Punkte zu achten:


Dosierung: Zimt- und Nelkenöle sind sehr potent. Achten Sie auf eine sehr niedrige Dosierung, um das Risiko von Hautirritationen, allergischen Reaktionen und anderen Nebenwirkungen zu minimieren.


Anwendungsdauer: Verwenden Sie diese Öle nur für kurze Zeiträume, da eine längere Anwendung zu toxischen Wirkungen führen kann, insbesondere bei oraler Einnahme.


Vulnerable Gruppen: Schützen Sie besonders empfindliche Personengruppen wie Kinder, Schwangere und ältere Menschen vor einer unkontrollierten Anwendung dieser Öle.

 

Vermeidung der oralen Einnahme: Vermeiden Sie die orale Einnahme von Zimt- und Nelkenölen, da sie in hohen Dosen hepatotoxisch wirken können.


Hautverträglichkeit: Testen Sie das Öl vor der Anwendung auf der Haut, um sicherzustellen, dass keine Reaktionen wie Rötung oder Juckreiz auftreten.


Zertifizierte Qualität: Achten Sie darauf, nur qualitativ hochwertige, naturreine ätherische Öle aus vertrauenswürdigen Quellen zu verwenden, um Verunreinigungen und unerwünschte Zusatzstoffe zu vermeiden.


Um einen sachgemässen Umgang mit ätherischen Ölen und das notwendige Hintergrundwissen zu gewährleisten, empfiehlt sich der Besuch eines Kurses an einer anerkannten aromatherapeutischen Schule. Eine solche Schule ist im Menüpunkt unter "Links" aufgelistet.

 

  • Stadelmann, I., Steflitsch, W., Wolz, D., Buchbauer, G., & Heuberger, E. (Hrsg.). (2023). Aromatherapie in Wissenschaft und Praxis (3. Auflage). Stadelmann Verlag.

  • Ursula Blaser- Rösti, & Schulthess, Dr. B. (2015). Aromatherapie (4. Aufl.). Printsatz AG.

  • Werner, M., & von Braunschweig, R. (2020). Praxis Aromatherapie: Grundlagen - Steckbriefe - Indikationen (6., aktualisierte und erweiterte Auflage). Haug Fachbuch.

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